Leistungsanspruch aus Betriebsschließungsversicherung bei Betriebsschließung wegen COVID19 (Corona-Virus) – Helvetia lehnt Leistungen für Gastronomen ab

Durch die „Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 in Brandenburg (SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung – SARS-CoV-2-EindV) vom 22. März 2020 sind eine Reihe von Betrieben im Lebensmittelbereich, insbesondere die Gastronomischen Einrichtungen geschlossen worden, soweit sie nicht bereits durch Allgemeinverfügungen der Gesundheitsämter geschlossen waren.

Einige Betriebe haben im Rahmen ihrer Gewerbesachversicherung eine Betriebsschließungsversicherung abgeschlossen, die die seuchenbedingte behördliche Schließung absichern soll. Namentlich die Helvetia-Versicherung hat eine derartige Versicherung im Rahmen der „Helvetia Business All Inclusive“-Versicherung angeboten.

Die Helvetia-Versicherung lehnt derzeit die Leistungen aus der Betriebsschließungsversicherung unter Berufung auf den Katalog der meldepflichtigen Krankheitserreger in ihren Bedingungswerk (1.2 a und b) ab, weil dort das COVID-19 Virus (Coronavirus) nicht erwähnt sei. Diese Ablehnung ist nach unserer Einschätzung vertragswidrig, die Helvetia hat danach ihren Versicherungsnehmern die versicherten Schäden zu regulieren.

In der Versicherungspolice wird unter dem Stichpunkt “Betriebsversicherung“ erläutert, dass eine Betriebsschließung infolge einer Seuchengefahr mit Schließungsschäden und Warenschäden versichert ist. Ein Hinweis, aus dem sich ergibt, dass nur bestimmte Seuchen versichert sind, ergibt sich aus dem Versicherungsschein nicht. Auch in der dem Versicherungsschein beigefügten „Leistungsübersicht“ zur Betriebsschließung-Versicherung findet sich keine Einschränkung der Leistungen hinsichtlich bestimmter Seuchen.

In den „Helvetia Business All Inclusive Allgemeine Versicherungsbedingungen (Hotel- und Gastgewerbe)“ – Stand: 01.07.2016, dort im Abschnitt C „Betriebsschließungsversicherung“, findet sich unter dem Punkt 1.1 zur Betriebsschließung folgende Regelung:

  • 1.1.  Der Versicherer leistet Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz lfSG) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger
  • a) den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt;

In diesem Zusammenhang ist auf die „Verordnung über die Ausdehnung der Meldepflicht nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und § 7 Absatz 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes auf Infektionen mit dem erstmals im Dezember 2019 in Wuhan/Volksrepublik China aufgetretenen neuartigen Coronavirus („2019-nCoV“)“ hinzuweisen. Dort heißt es in § 1 Abs 1 Satz 1:

  • Die Pflicht zur namentlichen Meldung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Infektionsschutzgesetzes wird auf den Verdacht einer Erkrankung, die Erkrankung sowie den Tod in Bezug auf eine Infektion ausgedehnt, die durch das erstmals im Dezember 2019 in Wuhan/Volksrepublik China aufgetretene neuartige Coronavirus („2019-nCoV“) hervorgerufen wird.

Die Helvetia verweist in Punkt 1.2 ihrer Allgemeinen Bedingungen zur Betriebsschließungsversicherung (meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger) auf die §§ 6 und 7 des Infektionsschutzgesetzes. In Punkt 1.2 der Allgemeinen Bedingungen heißt es:

  • „Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die folgenden, im Infektionsgesetz (gemeint ist das Infektionsschutzgesetz) in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger.“

Nachfolgend sind dann die zum Stand 01.07.2016 im Infektionsschutzgesetz enthaltenen Krankheiten und Krankheitserreger aufgeführt. Dass es sich dabei um eine abschließende Regelung, die mit dem Infektionsschutzgesetz nicht fortgeschrieben wird, handelt, ist aus dem Bedingungswerk nicht ersichtlich. Der Bezug auf die §§ 6 und 7 des Infektionsschutzgesetzes stellt vielmehr klar, dass die dort zum Zeitpunkt des Schadensfalles bezeichneten Krankheiten und Krankheitserreger Grundlage der Schadensregulierung sein sollen, sofern diese zur behördlichen Betriebsschließung führen. Für diese Rechtsansicht spricht auch, dass in dem Bedingungswerk (Stand 01.07.2016) alle im Infektionswege (Stand 28.07.2011) genannten Krankheitserreger lückenlos in der Reihenfolge des Gesetzes aufgezählt sind. In den allgemeinen Bedingungen zur Betriebsschließungsversicherung ist kein einziger Krankheitserreger, der nach dem damaligen Infektionsschutzgesetz meldepflichtig gewesen ist, ausgelassen worden. Allein eine solche Auslassung würde darauf schließen lassen, dass der Versicherer sich nicht auf alle der gesetzlichen Meldepflicht unterliegenden Krankheitserreger beziehen möchte, sondern hier nur eine Auswahl einzelner meldepflichtiger Krankheitserreger getroffen hätte. Da eine solche Auslassung jedoch fehlt, kann auch nicht geschlussfolgert werden, dass der Versicherer eine abschließende Auswahl einzelner Krankheitserreger getroffen hätte. Es ist nicht nachvollziehbar, dass ausschließlich Betriebsschließungen aufgrund von Krankheitserregern, die im Infektionsschutzgesetz aus dem Jahr 2011 bezeichnet sind, Inhalt der Betriebsschließungsversicherung für deren gesamte Laufzeit sein sollen. In diesem Fall hätte es eines besonderen Hinweises des Verwenders derartiger Allgemeiner Geschäftsbedingungen bedurft. Ein solcher Hinweis fehlt.